Ein flammendes Morgenrot breitet sich über den ganzen Himmel aus, jedenfalls was ich von meinem Teil aus der Rückscheibe des Campers erspähen kann. Heisst es nicht Morgen rot, Abend Kot? Aber wir machen uns Richtung Süden auf und lassen die Wolken über den Bergen und Gipfeln der Westseite, wo man nach einem Tag Sonnenschein wohl bereits wieder Entzugserscheinungen hat. Sie brauchen es ja für ihren guten Durchschnitt von 7 Metern Niederschlag.
Wir wählen für unsere Weiterreise die Southern Scenic Tourism Route, welche von Te Anau bis Dunedin führt. Je weiter wir nach Süden kommen, desto mehr bleiben die aufkommenden Wolken in den zurückliegenden Bergen des Fjordlands hängen und es wird heiss. Es ist zum Fahren eine wunderschöne Strecke und ich liebe sie. Sie führt von Te Anau mehr oder weniger dem etwa zehn Kilometer breiten Tal des Waiau River entlang bis nach Tuatapere, wo dieser später dann ins Meer mündet.
Einmal, noch weit oben, wo er noch jung als Abfluss des Lake Manapouri dem Süden zustrebt, führt uns eine One-Lane-Brücke über einen seiner Nebenflüsse und kurze Zeit darauf sieht man einmal kurz in sein breites Revier, welches er heute für sich beansprucht. Im letzten Moment sieht René eine Abzweigung, die auf einen kleinen Lookout führt. Es lohnt sich, zu wenden, um dort einen Blick hinunter zum Fluss und vor allem in das 1977 angelegte Feuchtgebiet-Reservat zu werfen.
Kurz darauf führt dann eine kleine Strasse in einen neuen Teil dieses Feuchtgebietes im Waiau-Valley, wo sie drei verschiedene Vorschläge zu einer ein- oder zweistündigen Wanderung oder 10 Minuten zu einem etwas erhöhten Infostand machen, von wo aus man das Gebiet überblicken und natürlich Fotos machen kann. Beizufügen ist, dass man auch hier die Möglichkeit hat, kurz auszutreten. Es ist picobello sauber und hat sogar ‚normales‘ WC-Papier, nicht wie sonst überall üblich, diese Streifen-Rollen, wo man das dünne Papier erst kilometerlang abrollen muss. Dieses ganze Reservat liegt auf privatem Grund und wird wohl auch von dort betreut. Also von mir bekommen sie diesmal eine Donation ins Kässeli, das beim Eingang am Parkplatz steht. Der Besuch war ganz spannend und ich habe den Fehler gemacht, dass ich mich nicht mit Sonnenschutz eingeschmiert habe. Das kann ich dann am Abend mit Bepanthène nachholen.
Die Strasse ist sehr gut zu fahren und eh wir uns versehen, sind wir bereits in Clifden angekommen. Die Lady meint, wir sollen nun abzweigen, um nach Riverton zu kommen, aber wir wollen der Scenic Route weiter folgen. Hier in Clifden ist ja die Suspension Bridge, die uns letztes Mal enttäuscht hatte, weil man sie nicht mehr betreten durfte und wir meinten, man liesse sie vergammeln. Gerade deswegen wollen wir sie besuchen und schauen, wie es ihr heute geht und sind erfreut.
Man hat sie dann 2013 für 470 000 NZ$ saniert und sie ist heute ein registrierter Ort im ‚NZ Historic Places Trust‘, heisst also, dass sie geschützt ist und nicht mehr vergammeln wird.
In Tuatapere gibt‘s abermals einen Stopp. Dort haben wir letztes Mal übernachtet und kehren in jenem Yesteryears Cafémuseum zu einem Capuccino ein. Das Grosi bedient uns immer noch und wir geniessen eine Pavlowa begleitet von Musik von alten Schellackplatten und umgeben mit altertümlichen Gegenständen und Puppenwagen. Der dreijährige Moritz aus Deutschland, darf hier auch mit einem rassigen, grossen Feuerwehrauto, einem Holzzug und was sonst hier an antiken Spielzeugen nicht nur zum Anschauen da ist, spielen. Es scheint, dass Jenzer bis hierher liefert, denn man kann als Spezial-Lunch für 12 Dollar eine Goldwurst-Casserole bekommen.
Im 4Square decken wir uns noch mit dem Notwendigen zum Überleben ein und weiter geht‘s. Jetzt ist bald wieder das Meer in Sicht und die Gischt der Wellen, die an die Küste branden und für Surfer Herausforderungen sind, zieht wie Nebel übers Land herein. Dieser ewige Wind hier zwingt die Tannengruppen in bizarrste Formen, alle Bäume in einer Allee neigen sich synchron landeinwärts und sind in dieser Position erstarrt.
Auch an der Gemstone-Beach machen wir einen Halt. Was Gem ist, habe ich noch nicht ganz begriffen, aber ich meine, dass es Edelstein heisst. Man wird nämlich eingeladen, von diesen Edelsteinen, die hier das Meer an Land schwemmt, mit nach Hause zu nehmen. Mit jeder Welle werden neue, flache Steine in allen Farben und Maserierungen auf den Sand geschwemmt und man erliegt tastächlich der Versuchung die Taschen mit diesen Wundersteinen zu füllen. Man ist nicht sicher, ob darunter die grünen, fein maserierten nun wirklich keine Greenstone oder Jade sind, oder die rosaroten nicht doch irgendwie wertvoll sein könnten.
Nun müssen wir aber weiter, denn wir haben für heute nichts vorgebucht. Am Weg liegen zwei Plätze, beide schön am Meer, aber es ist eben immer noch Ferienzeit und wir finden hier keinen Platz. Also fahren wir noch weiter bis Invercargill, wo wir auf dem Top10, der nicht ganz in der Stadt und auch nicht am Meer liegt, problemlos einen Standplatz bekommen. Eine halbe Stunde später parkiert gerade hinter unserm Mercedes Sprinter ebenfalls ein gleiches Modell und daraus hüpft der kleine Moritz von Tuatapere heute Mittag.
Wir sind nun hier in Invercargill fast am südlichsten Punkt auf unserer Reise angelangt und von morgen an geht‘s wieder Richtung Norden.
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