Ich glaube, besseres Wetter könnte man für einen Ausflug in den Doubtful Sound nicht haben. Um neun Uhr sollen wir beim Top10 abgeholt werden. Aber es erscheint kein Bus. Zum Glück geht René bald an die Rezeption und erfährt, dass beim hintern Eingang gepickupt wird. Wir sind wenigstens nicht die einzigen, die der Chauffeur suchen gehen muss. Bei den Backpackern hat jemand sogar gecancelt und davon wurde keine Meldung weitergeleitet.
Wir kommen aber immer noch zur Zeit in Manapouri an, um auf‘s Schiff umzusteigen, das uns in einer gut einstündigen Fahrt zuerst über den grossen Lake Manapouri bringen soll. Kaum auf dem Schiff, will mir René etwas von seinem Chip erklären, worauf er seine Daten gesichert hat. Er hat ihn am Schlüsselbund, aber sein Griff geht ins Leere und er erbleicht. Sollte das jetzt bereits das Ende von diesem so wunderschön begonnen Tag sein? Das Auto hatte er noch abgeschlossen und was nachher? Er musste noch auf die Toilette und weil es pressierte, hängte er den Schlüssel anstatt an den Gurt, an den Haken in der Toilette. Dort wäre er mit der Autonummer dran die perfekte Einladung für einen Dieb. Unser Chauffeur hat bestimmt die Telefonnummer vom Top10 in Te Anau und ich könnte ihn verküssen, als er mir mit Daumen up sagt, dass der Schlüssel bereits abgegeben worden ist. Wir fahren zwar fast noch über den ganzen, wunderschönen See bis das Adrenalin im Blut etwas verebbt ist. Zuäusserst am Westarm, wo wir fast im Niemandsland auf einen Bus umsteigen müssen, ist die Manapouri Power Station, das grösste Wasserkraftwerk Neuseelands. Seine Turbinen befinden sich 170 Meter unter dem Seespiegel und produzieren 4’800 GWh, wobei mehr als 500 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch die Rohre und dann durch einen 10 km langen Tunnel in den Doubfulsound strömen. Um diesen Tunnel zu bauen, durch welchen auch die Turbinen transportiert werden mussten, erstellte man auch die Strasse über den Wilmot Pass, von welcher man sagt, dass es die teuerste des Landes sei. 2 Dollar pro Zentimeter Strasse. Und sie ist steil, bergauf und bergab und auch für die Cars, die einen darüber bringen, benötigte man Extraanfertigungen der Getriebe. Die ganze Strecke liegt im Naturschutzgebiet und einem Teil eines UNESCO Weltnaturerbes und ist nicht öffentlich zugänglich befahrbar. Es ist ein Regen-Urwald und mich begeistern einmal mehr die ehrwürdigen Bäume, bizarr und manchmal dick mit Moos und Flechten überwachsenen Ästen und ich kann sie erst noch im Sonnenschein sehen.
Der Fahrer erzählt viel und ich verstehe wenig bis nichts. (Alles Gescheite, das ich hier weitergeben kann, habe ich nachher in einem deutschen Flyer im Infocenter gefunden). Einzig, dass wir heute Glück haben mit dem Wetter. 7 Meter Niederschlag im Durchschnitt weiss ich, aber dass letzthin, ob letztes Jahr, habe ich nicht verstanden, eine Rekordmenge an Regen gefallen ist, nämlich 12 Meter. Aber der absolute Rekord ist 16 Meter in einem Jahr und da kann man sich Von schreiben, wenn man Sonnenschein hat, so wie heute. Kurz nach dem Pass gibt‘s einen Fotostopp, wo man tief unten bereits den Fjord sehen kann, dann stürzen wir uns weiter auf der Urwaldstrasse in die Tiefe.
Ein bisschen ruhiger fährt nun das zweite Schiff auf dem Sound dahin. Fast wie auf einem breiten Fluss, der in einer Schlucht links und rechts manchmal von senkrechten Felswänden umgeben ist. Gigantische Wasserfälle wie im Milford Sound gibt es nicht, aber viele kleinere Wässerchen, welche über die ganzen Flanken der doch über 1000 Meter hohen Berge hier herunter rinnen. Hier sollten auch Gelbaugen- und Zwerg-Pinguine nisten, manchmal könne man auch das Schauspiel mit den Walen sehen, nur heute leider nicht. Die ganze vierstündige Fahrt ist aber beruhigend fürs Gemüt, mit all ihren Farben, dem blauen Himmel, den Wolken und wie sich das ganze in kurzer Zeit verändert, bis wir ans offene Meer kommen. Dem Tor zum Meer scheinen grosse Felsen und kleine Inselchen im Weg zu liegen. Der Schiffsmotor wird nun gedrosselt und vor einem grossen, kahlen Felsen wendet der Kapitän oder hält einfach an. Was er über den Lautsprecher erzählt, verstehe ich sowieso nicht, aber dann sehen wir Robben und plötzlich sieht man, dass der ganze Hügel voll von diesen faulen Säcken ist, die in der Sonne herumliegen, zuoberst vom Felsen mit den Flossen zu uns herunter winken oder mit ihren Babys spielen. Es wird einem ganz feierlich zumute.
Dann müssen wir aber wieder zurück und hier draussen wo man die Brandung bereits gut spürt, schaukelt das Schiff ein gutes Stück durch relativ hohe Wellen, bis es um die Bauza-Insel herum wieder in stillere Gewässer kommt. Nun fahren wir ganz nah an den steilen, senkrechten Wänden entlang und man kann den Wald mit seinen fremden Bäumen und auch die Wasserfälleli gut sehen. Es ist gemütlich und ruhig und sehr beruhigend und man wird echt müde.
Auf der Rückfahrt mit dem Bus gibt‘s noch einen kleinen Abstecher, wo man uns bis zum Ausgang des 15 Meter breiten Tunnels bringt und bis wir oben wieder auf dem Pass angelangt sind, fängt es aus den inzwischen aufgezogenen Wolken an zu regnen.
Beim Manapouri-Kraftwerk ist es aber bereits wieder sonnig und richtig drückend heiss und wir müssen lange auf das Schiff für die Rückfahrt warten. Man hat uns zwar informiert, aber ich habe nicht herausgefunden, was schief lief. Um halb sieben sind wir dann wieder daheim und können an der Rezeption unseren Schlüssel in Empfang nehmen. An der Windschutzscheibe finden wir einen Gruss auf Deutsch, dass unser Schlüssel an der Rezeption sei, leider wissen wir nicht, ob vom Finder oder von der Rezeption. Der Finder ist jedenfalls heute Morgen wieder abgereist und wir können uns nicht einmal bei ihm bedanken.
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