Das Wetter hat sich über Nacht doch ein bisschen besonnen und uns zuliebe hat es sogar zu regnen aufgehört. Es ist relativ warm und es herrscht eine so hohe Luftfeuchtigkeit, dass es drückend schwül ist. Über den Hügelzug, den wir gestern von Whitianga her gekommen sind, wallen Nebel und so bringt es auch nichts, nochmals zu jenem geschichtsträchtigen Lookout zu fahren, von wo ich letztes Mal nur ein einziges Foto machen konnte. Hier dem Meer entlang hingegen zeigt sich stellenweise sogar blauer Himmel und ab und zu scheint zögerlich die Sonne durch. Solange das anhält, wollen wir es nutzen und fahren zuerst etwa 20 Kilometer nordwärts bis zur Amodeo Bay und wir gratulieren uns zu diesem Entschluss, denn es ist wirklich eine sehr schöne Gegend. Abgeschieden und einsam mit hingestreuten Inseln im Meer – es scheint ein Paradies für Fischer zu sein.
Zum letzten Mal klettern wir über nasses, felsiges Gestein eines Strandes, welches das Meer für ein paar Stunden freigegeben hat und das überwuchert ist mit Teppichen von scharfrandigen Muschelschalen und –fragmenten. Ich glaube, es ist eine Art von Austern, die sich an den Felsen fest verankern. Über dem Wasser kreisen an zwei Orten Möwenscharen und am Brodeln des Wassers kann man sehen, dass dort unter ihnen zwei Fischschwärme langsam vorbeiziehen. Schön, dass wir auch von hier oben noch ein paar Eindrücke in unsere Erinnerungskiste packen können.
Wieder zurück in Coromandel können wir heute doch noch die zweihundert Meter durchs Örtchen schlendern, im Kiosk eine Tiptop erstehen und im Peppertree zu einem Cappuccino einkehren, nur um auch diesem lieblichen Fleckchen Erde nochmals unsere Aufwartung gemacht zu haben.
Auch ein Blick von jenem fantastischen Lookout muss sein, wo man auf die eine Seite zurück über eine Bucht mit vielen Inselchen Richtung Coromandel schaut und wo ich auf der andern Seite weit in der Ferne letztes Mal den Sky Tower von Auckland erkennen konnte. Heute reicht es wegen den Wolken nicht ganz. Die Welt sieht nach diesem Regen ziemlich frisch gewaschen aus. Wolken drohen zwar, aber sie lassen uns trotzdem fast trocken den ganzen wunderbaren Weg bis nach Thames weiterziehen. Es ist diese Strecke mit den wunderschönsten Pohutukawas, deren Wurzeln hier über die Klippen und Ufer ins Wasser hinunter reichen. Leider ist die Zeit ihrer Purpurglut jetzt vorbei, aber ich geniesse den Zauber trotzdem, der für mich irgendwie von ihnen ausgeht. Ich habe dadurch nicht mal Zeit, mich um die vielen Kurven oder Baustellen, welche die ganze Strecke garnieren, zu kümmern.
In Thames wird der Vorrat an Brot und Eiern noch ergänzt, so dass wir zusammen mit den anderen Leftovers nun bis zum Abflug am Donnerstag versorgt sein sollten.
In Miranda Hot Springs erinnert sich der Computer an unseren letzten Aufenthalt. Lächelnd fragt die Rezeptionistin: „aus der Schweiz?“ Im Gegensatz zu uns weiss sie noch, welche Cabin wir vor sechs Jahren belegt hatten. Sie entschuldigt sich fast für die Veränderungen, welche inzwischen hier vorgenommen werden mussten. Die grossen, schönen Palmen, unter denen wir im warmen Pool gebadet hatten, mussten aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Oder hat sie wirklich gesagt, wie ich verstanden habe, dass die Vögel zuviel Dreck in den Pool gesch(m)issen haben.
Sie haben hier einen schönen, grossen Park mit viel Rasen und ausser den hohen Palmen, grosse, immergrüne Magnolien, die grosse, ausgebildete Früchte haben und ebenso noch nie gesehen, eine Art Trompetenbaum und einige noch blühende, karminrote Zylinderputzer, dank denen ich ein Bild mit zwei Monarchen erwische, die beinahe ruhig sitzen konnten.
Das Wetter hat gerade soweit gehalten, aber jetzt werden die Vorhänge gezogen und sogar das versprochene Donnerwetter wird abgehalten. Erst beim Eindunkeln beruhigt sich alles wieder und wir holen unser begehrtes Bad im Thermalpool nach. Ringsum zirpen wieder die Grillen und viele scheinen ebenfalls ein Bad geniessen zu wollen. Immer wieder kann sich René als Lebensretter in Szene setzen und fischt Grillen aus dem Wasser, auf dass sie sich vergnüglich gleich wieder auf meinen Kopf setzen oder sonst irgendwie genüsslich an meinem Hals oder Armen hochzukrabbeln beginnen.
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