18-01-31 Lower Hutt-Lake Ferry

Es ist recht trüb und bedeckt. Graue Wolken über alles und Wind, Wind, Wind, wie es sich für Wellington wohl gehört.
Wir brechen auf und nehmen den SH 2 der über Upperhutt nach Featherston führt und wollen von dort nach Lake Ferry an der Palliser Bay, das sind etwa 40 km die wir wieder zurück müssen.
Immerhin herrscht heute nicht mehr so ein Verkehrschaos wie gestern Abend, aber überall Baustellen, wo der Verkehrsfluss mit Lollipop-Boys und -Girls reguliert wird.
Wir sind noch nicht aus dem Stadtgetümmel hinaus, als sich der Ölstandsanzeige wieder blinkend meldet. René ist beunruhigt und wenn wir so weit weg vom Geschütz fahren wollen, sollte am Auto alles in Ordnung sein. Also schauen wir nach, wo in Wellington eine Britz-Vertretung sein könnte und finden eine Adresse beim Terminal der Interislander Ferry. Also kehren wir um und parken auf dem Ferryareal, aber hier finden wir nichts von Britz. Nun müssen wir doch telefonieren und das stinkt René genauso wie mir. Wir verstehen einfach am Telefon nicht, was geschwafelt wird.
Bis jetzt konnten wir uns immer davor drücken und irgendjemand hat für uns irgendwohin telefoniert. Nun beisst René in den sauren Apfel und sein Anruf geht via Schweiz mit seiner Prepaydkarte auf die Britz Hotline, welche mit einer NZ-Karte gratis wäre. Wenigstens verstehen wir die Dame relativ gut und können ihr unser Problem schildern. Mit Abklären und Warten und dann einen deutschsprachigen Mitarbeiter ans Telefon zitieren, welcher uns eine Adresse angeben kann, wo wir die Sache richten lassen können, vergehen 14 Minuten. Das SMS aus der Schweiz mit dem verbrauchten Betrag trifft postwendend ein und uns der Schlag: 43 Franken! Wir hätten für dieses Geld doch eine SIM-Karte von Neuseeland bekommen. Wir sollen uns in Lower Hutt bei einer Garage melden, das ist im Industriequartier, etwa zweihundert Meter weiter, als wir um zehn Uhr heute beim Top10 losgefahren sind.
Dort weiss man bereits Bescheid und in einer Viertelstunde ist alles wieder in Ordnung. Die Ölanzeige hatte nicht zu wenig Öl bedeutet, sondern den Liter, den René in Kaikoura nachgefüllt hat, zuviel und dies wurde auch angezeigt.
Beruhigt können wir nun doch dort hinunter ans Meer zum Onoke Spit, so ziemlich an den südlichsten Punkt, den man mit dem Auto auf befestigter Strasse erreichen kann.

Lower Hutt-Lake Ferry

 

So geht‘s also nochmals aus dem Industriequartier von Lower Hutt hinaus und erst leicht erhöht erreicht man Upper Hutt, dort wo man wohnt, wenn einem die Stadt Wellington zu wenig vornehm ist. Hier verkehrt ein Zug und man nutzt P&R, um dem Verkehrschaos zu entkommen.
An einem Lookout kann man zwei riesige Becken überblicken, welche die Notreserve von 3‘000 Millionen Liter Wasser für Wellington und diesen Südzipfel hier verwalten, welche für 20 Tage reichen würde, wenn wegen Trockenheit zu wenig Wasser verfügbar ist oder nach heftigem Regen das Wasser im Hutt River für die Trinkwassergewinnung wird zu schmutzig wird.
Dann beginnt sich die Strasse immer höher einen Berg hinauf zu winden. Jener Berichterstatter aus dem Reiseführer, der nie in der Schweiz war, ist hier mit Sicherheit nicht gewesen, denn diese Strasse über den Rimutaka-Pass ist schlimmer als jene nach Arrowtown.
In Featherston, einem Eisenbahnerdorf habe ich dafür gerade Lust auf einen Kaffee oder eigentlich etwas zu Essen. Es gibt Filo, was immer das sein soll und ich stelle mir ein Filet vor. Was aber kommt, ist eine Roulade und zwar mit etwas Kartoffelstock in eine Schinkentranche eingewickelt und in einem Zwiebelbett in Blätterteig eingebacken. Ich finde das eine gute Idee, die man gut auch mit vegetarischem Aufschnitt ausprobieren könnte.
Von hier geht‘s durch einsame Gegenden mit zwei oder drei Dörfchen, von denen man nicht viel sieht, ausser dass ab und zu wieder einmal ein Briefkasten am Strassenrand zu sehen ist oder ein gelbes Schild, das darauf hinweist, dass hier der Schulbus wendet und vielleicht zwei oder drei Häuser beieinander stehen, wo dann die Schule ist und sonst eigentlich nichts.
Auch bei Lake Ferry gibt es eine Hinweistafel für das Lake Ferry Hotel am Meer, wo es Wein und zu Essen gebe und unten dran ein Wegweiser, dass es dort auch zum Campingplatz geht. Man kann gar nicht anders, es ist sowieso die einzige Strasse, die dann auch vor dem Hotel endet. Hundert Meter vorher ist die Einfahrt zum Campingplatz. Sie haben immerhin powered Sites und wir können uns von den fünf verwaisten Plätzen einen aussuchen. Das restliche Areal ist ziemlich ausgereizt mit Dauer-Campern, welche sichtlich zum Teil schon jahrelang hier weilen. Aber von Bewohnern sieht man nicht viel. Auf einem Streifen Rasen, direkt am Wasser der Lagune hat es noch Platz für einige Zelt-Fans, die keinen Strom brauchen und dort kommt im Laufe des Abends auch eines hin.
Wir schlendern ein bisschen dem Strand entlang, dessen ruhiges Wasser eher langweilig wirkt, weil sowieso wieder Ebbe ist und der Einlass der Lagune die grossen Wellen vom Meer her abschirmt. Anscheinend findet man hier auch Paua Shels, denn jemand hat eine ganze Sammlung zusammen getragen, damit ich dokumentieren kann, wie variantenreich diese schillernden Muscheln sein können.
Nach dem Nachtessen will ich aber noch auf die andere Seite, dort wo der Durchgang zum Meer ist, um zu sehen, ob man die Sonne im Meer versinken sieht.
Wir wären zum Rekognoszieren auch besser zuerst in dieser Richtung gegangen, denn hier ist die Kulisse viel spannender mit einer bizarren Klippe und einer grossen vorgelagerten Sandbank, auf welcher Fischer mit ihren Ruten im Schein der Abendsonne wenigstens ein gutes Sujet liefern. Sie versinkt nicht wirklich im Meer, die Sonne, aber sie leuchtet den ganzen Horizont und die Wolken davor richtig golden aus und man sieht durch ein grosses Wolkenloch drüben auf der Südinsel die Silhouette der Berge in den Marlborough Sounds.
Wir kommen mit der Frau ins Gespräch, die inzwischen ihr Zelt bei uns in der Nähe aufgestellt hat. Eine Engländerin, die auf ihrer Neuseelandreise extra nach Lake Ferry gekommen ist, weil man hier heute Nacht einen Blutmond am besten beobachten könnte. Das Schauspiel sollte zwischen elf und drei Uhr zu sehen sein, aber so wie die Wolken am Zumachen sind, kann man das wohl glattweg vergessen. Schade, da wäre man einmal zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort und dann kommen Wolken als Spielverderber!

 

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