17-12-27 Motueka-Murchison

Der Regen hat gestern aufgehört, noch bevor wir eingeschlafen sind und beim Erwachen sehe ich durch die Zweige des Seidenholzbaumes über uns leuchtende Sterne am blauen Himmel. Jetzt muss ich mir aber die Augen reiben! Unser Seidenholzbaum blüht ja – ganz feine, rosa Wedel als Blüten, welche vom Regen noch voller Tropfen sind und wirklich wie Sterne in der aufgehenden Sonne glitzern. Ein Wunder schon am Morgen früh!
(Ein weiteres Wunder mit diesem Baum erlebe ich fast zwei Jahre später, als ich für mein Fotobuch nicht nur bei der Araucaria den lateinischen Namen einfügen will. Im Internet findet man ja alles, aber nur keinen Seidenholzbaum. Das heisst, dieser Begriff existiert im weltweiten Netz nur zweimal und zwar unter www.rigra.ch, wo im Februar 2012 dieser schön blühende und als Silkwood angeschriebene Baum in den Bildern als Seidenholzbaum benamst wurde. Diesmal habe ich neben dem Bild vom blühenden Baum auch ein Foto vom Namensschild mit heimgebracht und finde dann mit der Bildersuche, dass es ein Seidenbaum sei, ein Albizia julibrissin und zur Unterfamilie Mimosengewächse zählt. Man nennt ihn auch Seidenakazie oder Schlafbaum, weil er nachts oder bei Trockenheit seine Blätter zusammenklappt, also „schläft“. Und mein Wunder habe ich nur erlebt, weil der Schlafbaum noch nicht erwacht war, was man auf meinem Sternenbild sogar sehen kann!)
Nun müssen auch wir alles verzurren, denn bis zehn Uhr soll man wieder ausgecheckt haben. Wir sind noch nicht aus Motueka hinaus, als wir bereits das erste Mal stoppen müssen. Gerade eben ist ein Flugzeug ganz knapp über die Bäume am Strassenrand hinweg auf dem Flugplatz gelandet. Von hier also kommen sie, die Krachbrüder, die Rundflüge und Skydiving und sonstige Abenteuer anbieten. Gerade sind solche Flughunde daran, über unsere Köpfe hinweg zu landen.

Motueka-Murchison

 

Wir erwischen zwar den falschen Eingang um zuzuschauen, aber im Büro der Nelson Tasman Air, welche Scenic Flights ab 99$ anbietet, heissen sie uns herzlich willkommen und wir dürfen auch durch ihr Büro hindurch hinaus auf den Flugplatz, obwohl wir eigentlich nur schauen wollen. Es ist ein wunderbarer Tag, wieder mit blauem Himmel und Sonnenschein und die Sicht auf den Takaka Hill ist klar und wolkenlos.
Wir nehmen den Motueka Valley Highway, diesen sind wir noch nicht gefahren und der führt durch ein engeres Tal mit Landwirtschaft und auffallend gelben Hügeln und trockenem Gras, worin die Schafe und Kühe weiden. So tuckern wir gemütlich dahin, bis plötzlich Renés Blick auf den Benzintankanzeiger fällt, der auf sich aufmerksam machen will. Da haben wir doch vorgestern gesagt, dass noch Tanken angesagt sei, bevor wir wegfahren und das haben wir beide vergessen!
Wir sind schon bald wieder 40 km gefahren und wollten Murchison anpeilen. Bis dort ist es nun gerade noch 45 km, aber die Lady zeigt uns nirgends unterwegs eine Tankstelle an. Also fragen wir sie, wo die nächste sei und sie zeigt uns jene in Saint Arnaud an, 35 Kilometer, aber am SH6, der nach Blenheim führt. Also zweigen wir eben in diese Richtung ab und wir können die Gegend überhaupt nicht mehr geniessen. Wir sind nun im Tal des Buller Rivers und dankbar, dass die Strasse hier ziemlich eben und ohne grosse Kürvlete geradeaus führt, sodass man schön regelmässig zufahren kann, während der Benzinanzeiger immer weiter bis auf das letzte Klötzchen herunterfällt. Noch 6, noch drei, noch zwei Kilometer. Ein Segelflugplatz kommt in Sicht und man stellt sich vor, dass man diese letzten zwei Kilometer noch zu Fuss schaffen würde, um vielleicht einen Kanister zu bekommen. Aber diese abzufüllen ist ja auch verboten. Was würden wir denn tun? Lieber nicht denken und einfach weiterfahren, immer gefasst darauf, ein Husten des Motors zu vernehmen. Ich glaube, René schwitzt im Geheimen Blut. Hier beginnt bereits wieder ein Nationalparkgebiet und ein Zeltplatzwegweiser taucht auf, dann ein Haus und noch eins und zusammen mit der Tankstelle und dem Kiosk oder Store inklusive Post und ich weiss nicht was alles noch unter diesem einen Dach ist, wäre es dann bereits das Saint Arnaud gewesen, oder jedenfalls das, was man davon von der Strasse aus sehen kann. Man hört die Gwäggis förmlich im Camper herumrollen, die uns vom Herz gefallen sind. Mit 115 $ können wir unser Baby nun wieder mit 75 Liter Diesel stillen.
Da es uns nun hierher verschlagen hat, versuchen wir auf dem hiesigen Campground einen Platz zu bekommen. Es ist eine wunderschöne Gegend an einem See gelegen, ein richtiges Anglerparadies. Man könnte sich ein Plätzchen aussuchen und müsste es nur beim i-Site melden. Bedingung ist, dass man selfcontained ist, das heisst, dass man unabhängig von Strom und Wasser und vor allem Abwasser ist. Das wären wir alles, aber eigentlich versorgen wir uns lieber mit Strom für Kühlschrank und Compi und beschliessen, doch noch nach Murchison weiter zu fahren.
Mit ganz anderen Gefühlen können wir die Fahrt durch das hier weite Tal des noch mäandrierenden Buller River geniessen. Ganze Buschwälder von blühendem Manuka sind vor allem im Gebiet des Nationalparks noch aktuell. Später werden die Berge wieder steiler und felsiger und bis er auf der Westseite ins Meer fliessen kann, muss sich der Buller River durch manche enge Schlucht zwängen.
Murchison hat aber gerade wieder mal Platz für eine kleine Ortschaft, ein Gemeindehaus, das obligate Hotel, aber tatsächlich keine Tankstelle, dafür erinnern wir uns an den Campingplatz, wo es Emus hat und den finden wir diesmal ohne Lady. Noch immer sind sie offensichtlich stolz auf ihr Feuerwehrauto, das sie zur Schau stellen und ob sie ihre Kirche in der Zwischenzeit verkaufen konnten, können wir nicht mehr feststellen, auch den Trödlerladen finden wir nicht mehr, dafür kommen noch viele andere Erinnerungen an diesen Ort wieder hoch, denn wir sind nun das dritte Mal hier.
Die Familie aus der Schweiz mit den zwei kleinen Buben, die letzte Woche in Nelson den Platz neben uns hatte, fährt gerade hinter uns auch in den Park und wir teilen uns wieder für eine Nacht den Schatten eines Baumes. Bereits ist der Mond wieder bald halb voll, aber hier könnte man kein ‚z‘ für zunehmend schreiben, die Sichel des zunehmenden Mondes ist hier gegen rechts geöffnet.

 

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