Wir halten uns heute südwärts, vielleicht ist es dort nicht so regnerisch. Die Strasse führt immer noch mit vielen Ringgelilänggeli bergauf und -ab durch den Wald, der immer noch zur Coromandel Halbinsel gehört und in den Vormittagsstunden gehören noch nicht allzusehr platt gefahrene Possums zum täglichen Anblick . Die nächste Ortschaft ist Waihi. Dort haben wir aber auch die letzten beiden Male, ausser einen Hutladen besucht und einen Cappuccino genossen, keine Gold- und Silberminen besucht. Dazu steht uns auch heute der Sinn nicht, aber ich habe in der Nähe im Handyatlas einen roten Eintrag mit ‚Waterlily Gardens‘ gesehen. Die Lady kennt diesen aber nicht, wenn ich sie danach frage. Ich finde dabei jedoch heraus, dass ich ja ihre Karte gebrauchen kann, indem ich sie auf ihrem Touchscreen soviel vergrössere, dass die Strassenbezeichnungen zu lesen sind. So kann ich aufgrund meines Atlas genau bestimmen, in welche Richtung sie uns führen muss und wir finden weit draussen, halb versteckt im Gebüsch, den Wegweiser zu einem einsamen Gehöft.
Ein Parkplatz für Gäste im Café ist vorhanden und die Gärten sind von Oktober bis April geöffnet, also würde es ja passen. Es ist aber Alles so ruhig und wir sind immer noch nicht sicher, ob es hier etwas zu sehen gibt. Da kommt eben der Besitzer auf seinem Japanischen Ross um die Ecke, den wir nun natürlich über diesen Seerosengarten befragen. Da seien wir schon richtig und seine Frau würde im Café die besten Scones machen, die es gibt. Er muss allerdings einräumen, dass eine böse Überschwemmung diesen Winter eine Menge seiner Teiche zum Teil zerstört habe. Eigentlich bin ich selber überrascht, dass ich die meisten seiner Ausführungen noch relativ gut verstanden habe und frage ihn nun meinerseits, ob man dieses Gefährt, auf dem er sitzt, nun wirklich Japanese Horse nennt, wie dies der Campgroundmeister in Omapere getan hat. Diesen Ausdruck hat er aber noch nie gehört und er gefällt ihm so gut, dass er das gleich seiner Frau, welche die guten Scones macht, aber auch wunderbare Muffins im Angebot hat, erzählen muss. Es blühen doch immerhin noch ein paar Seerosen in den vielen Teichen, welche man auf einem etwa 6 Hektaren grossen Gelände besichtigen kann. Schade, sie sind wirklich am Verlanden, aber man kommt auf verwunschen Pfaden durch geheimnisvolle Wälder mit Farnbäumen, zwei Meter hohen Callas, noch nie gesehenen Schachtelhalm-Gebüschen, neben riesigen Tulpenbäumen, die eben noch am Blühen sind. Zwei oder drei Funtails begleiten uns neckisch auf unseren Erkundungstouren. Das sind kleine, ganz gisplige Vögel, welche ihre weissen Schwanzfedern wie ein Pfau spreizen können, die uns aber bis jetzt noch nie die Chance gegeben haben, sie auch auf unseren Chip zu bannen.
Etwas weiter, nach Katikati, der nächsten grösseren Ortschaft ist ein weiterer roter Eintrag in meinem Atlas, aber ein Reinfall. Saphire Springs, unter dem ich mir nichts vorstellen kann, ist nur ein Mineralbad, wo man Eintritt bezahlen muss und nichts zu sehen ist.
In Katikati selber hingegen, stoppen wir einmal mehr bei einem TipTop. Einen guten Parkplatz für unser Gefährt finden wir gerade vor dem Kriegsdenkmal, welches hier in Neuseeland fast jede Ortschaft aufzuweisen hat. Seine Fassade ist weihnachtlich bekränzt und ein glitzernder Christbaum prangt daneben. Während wir unsere Glacé schleckend, der Hauptstrasse entlang schlendern, fallen mir die bemalten Häuserfassaden auf und diese holen mir Erinnerungen herauf. Hier waren wir doch auch schon mal! Genau, diese broncene, zeitungslesende Figur auf einer Bank mit dem Hund und seinem Ball daneben, den habe ich doch schon mal als Bild in meinen Reiseberichten. Heute hat er aber eine Samichlausmütze auf und er sitzt in einem Weihnachtsmann-Schlitten. An einem Plakat haben wir gesehen, dass heute um drei Uhr die Weihnachtsparade stattfindet. In Dargaville haben wir letztes Mal eine gesehen. Da ist der ganze Ort unterwegs und marschiert oder fährt geschenkbeladen mit Schiff, Traktor oder was immer man zu einem Umzug gebrauchen kann, durchs Dorf. Kläuse, Weihnachtsmänner, Engel und Christkinder fahren oder marschieren mit. Die Blasmusik gehört natürlich auch dazu und diese macht sich hier gerade beim Kriegsdenkmal bereit. Diesmal gehen wir lieber, bevor man nicht mehr wegkommt, denn wir möchten heute noch nach Tauranga kommen.
Die Landschaft hat sich bis hierher bereits wieder sehr verändert. Hinter hohen Tannen- und anderen Grünhecken verbergen sich jetzt Kiwi- und Avocado-Plantagen. Es ist auch nicht mehr so hügelig und die Strassen werden dem Verkehr entsprechend breiter.
Vor dem ersten anvisierten Campingplatz kehren wir noch auf Distanz um. Dort scheint Jubel Trubel Heiterkeit mit Baden, Kitesurfen und allem Drum und Dran zu sein. Ausserdem ist Samstag und ein Sommertag, der an den Strand lockt, an den hier alle wollen. Es hat ja noch andere Campgrounds an diesem viele Kilometer langen Strand und wir versuchen es an der Omanu Beach nochmals, aber auch ohne Erfolg. Sorry, wir sind ausgebucht …
Aber an Papamoa Beach klappt‘s und wir sind über die Qualität der Einrichtungen überrascht, die uns hier geboten wird und buchen für zwei Nächte.
Der Fussmarsch dem Strand entlang, und man könnte stundenlang marschieren, ist auch diesmal wieder voll mit Überraschungen. Das haben wir noch nie gesehen: die Wellen bringen eine Menge kleiner Müschelchen daher, ein bis zwei Zentimeter grosse und diese sind noch lebendig! Sie haben wie kleine Flossen oder Beine, mit welchen sie ihre Schale senkrecht aufstellen können, sobald das Wasser zurückfliesst und schwupp – graben sie sich irgendwie in Sekundenschnelle in den Sand. Bis die nächste Welle Wasser darüber giesst, ist nichts mehr von ihnen zu sehen. Ein so billiges Schauspiel, welches mich alten Esel stundenlang begeistern könnte.
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