Dass es heute regnen muss – gerade, als wir abfahren wollen, dabei habe ich heute Nacht die Sterne scheinen gesehen und als ich aufwachte, hat mich doch die Sonne geblendet. Nach dem ersten Kilometer ist aber alles wieder vorbei. Ich glaube, es hat bis jetzt an jedem Tag wenigstens einmal geregnet, aber die Sonne war auch immer irgendwann auf Besuch und es ist nicht kalt. Es scheint einfach eine Art Aprilwetter zu sein. Die Chefin vom Campingplatz erzählt, dass das Gewitter gestern, das uns nur gegrollt hat, in der Nähe Überschwemmungen gebracht hat. Man hatte hier sowieso einen ziemlich nassen Frühling, deshalb sind auch die Pohutukawas und Schmucklilien, wie mir das im Gegensatz zum letzten Mal aufgefallen ist, mit Blühen etwas im Verzug. Üppig blühen dafür die Heckenrosen, manchmal wild an Borden und Strassenrändern. Die Welt scheint grün und saftig die Wiesen, wie bei uns zu Hause.
Von Orere Point wollen wir heute hinüber auf die Coromandel-Halbinsel und zwar auf die Westseite am Pazifik. Wir geniessen wieder die Strecke entlang der Thamesbucht, wo das Land im Süden weit und flach wird und die Bauern unheimlich viel Vieh weiden lassen können. Fast mit nostalgischen Gefühlen fährt man jetzt über die breite, moderne Brücke über den Waihou River. Das erste Mal mussten wir noch beim Stopplicht warten, bis die gut einen Kilometer lange One-Lane-Bridge für unsere Seite freigegeben wurde. Man lässt daneben die alte Brücke mit dem Wärterhäuschen in der Mitte als Museumsstück vergammeln.
Nur schnell einen Abstecher nach Thames, weil wir tanken müssen. Ein bisschen wird noch durchs Städtchen geschlendert. In einem Garten- und Werkzeugladen finden wir die Chemie, welche man für das WC braucht, um unangenehme Gerüche zu unterbinden. Zwei Kniekissen, die man im Garten braucht, könnte ich mir noch gut als Sitzerhöhung vorstellen, damit ich am Compi ein bisschen besser arbeiten kann. Leider hat es nur zwei am Lager. So ein Ginggernillis-Laden, wo man alles für einen Dollar bekommt, oder vielleicht zwei oder drei, müssen wir auch gesehen haben. Von denen hat es auch zwei oder drei, alle mit einer Unmenge erstaunlicher Sachen vollgestopft. Und was finden wir dort in einem? Sechs weitere solcher Garten-Kniematten, zu einem Viertel vom Preis, den wir für die beiden anderen bezahlt haben. Immer zwei nebeneinander nun in einen Zwiebelsack gesteckt, den wir ebenfalls dort gefunden haben, gibt das jetzt die perfekte Arbeitshöhe für mich.
Als Gegensatz zu den Kraut- und Rübenläden nebenan, fällt ein Gemüseladen auf. Der Inhaber macht sich wirklich eine Passion daraus, seinen Laden als Kunstwerk darzustellen. Seine Regale sind perfekt ausgerichtet und der Inhalt nach Farbe assortiert und in Reih und Glied sind Broccoli neben Blumenkohl und Kürbisschnitze neben Salat und Krautköpfen drapiert. Alles stimmt fürs Auge perfekt. Man getraut sich wahrscheinlich kaum, dieses Bild zu zerstören, wenn man einen Broccoli herausnimmt. Aber der wird gleich wieder mit einem solchen von gleicher Grösse und Farbe ersetzt. Weil ich ein Bild von dieser Gemüse-Ordnung machen musste, habe ich dafür drei Avocados gekauft, welche wenigstens an einem Haufen lagen und diese haben dann das Gesamtbild wenigstens nicht gestört.
Von Thames dann hinüber auf die andere Seite der Halbinsel führt der Weg fast ausschliesslich durch den Wald und in einer kurvenreichen, engen Strasse über Berg und Hügel. Ein Teil dieses Waldes gehört noch zum Coromandel Forest Park, der mit seinen uns fremden Bäumen mit Kauri und Farnbäumen wie ein Urwald anmutet, aber auf der Ostseite wird das Holz geerntet. Da werden einfach ganze Wälder, die ‚reif‘ sind, abgeholzt und junge Tännchen werden wieder angepflanzt. So sieht man die verschiedenen Stadien der Wälder, alle Bäume sind gleich hoch und gleich dick und wenn es an der Zeit ist, kommen alle miteinander dran.
In Opoutere haben wir auf unserem Atlas einen Campground gefunden und dank der Lady finden wir ihn auch vor Ort, nur ist es nicht das, was wir wirklich suchen. Man könnte hier schon erlaubt campieren, am Wasser wäre es auch, aber so verwöhnt und bequem sind wir nun doch schon, dass wir wenigstens einen Stromanschluss brauchen für unseren Kühlschrank und schön wäre es auch, wenn man eine Internetverbindung herstellen könnte. Letzteres hat leider auch bei solchen Plätzen, wo es Dusche und Küche und sonstigen Komfort hatte, nicht immer und ich bin mit meinen Reportagen bereits wieder ziemlich im Hintertreffen.
Wir kehren also nochmals zur Hauptstrasse zurück und nehmen die 13 Kilometer bis Whangamata noch unter die Räder.
Dort gibt’s noch vor dem Nachtessen einen Spaziergang ans Meer und ich stelle fest, dass wir doch diesen Surfstrand mit den beiden Inseln vor den Toren schon mal gesehen haben und zwar habe ich ihn als ziemlich trüb und regnerisch in Erinnerung. Heute hat sich das Wetter eines Besseren besonnen und das hereinströmende Wasser spiegelt das Blau des Himmels wider. Es ist ein begehrter Bade- und Surfstrand. Dotterels, diese gefährdeten Wasservögel sind noch oder bereits nochmals am Brüten, denn Unwetter zu Beginn dieser Jahreszeit haben auch hier Überschwemmungen gebracht und ihre ersten Brutversuche zunichte gemacht.
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