Hier haben sie fünf Uhr morgens und auf dem Flughafen ist entsprechend wenig los, sodass wir recht schnell durch die Pass- und Einreisekontrolle kommen. Bald haben wir auch unser auf Herz und Nieren durchleuchtetes Gepäck ausgelöst, aber dieses wollen wir hier im Flughafen deponieren, bis wir übermorgen wieder weiterfliegen. Ersatzwäsche und Sandalen habe ich in meinem Handgepäck-Rucksack, aber die Windjacke und noch andere Sachen, die man wiederum im Handgepäck nicht duldet, müssen ausgetauscht werden. Für 77 $ können wir beide Röllelitaschen hier in der Gepäckaufbewahrung lassen. Ich brauche jetzt zuerst einmal ein WC. Hier ist alles so blitzsauber und auch hier sind Emoticons im Trend. Ich habe gerade diese Woche realisiert, dass ich gar nicht mehr up to date bin und bereits die Bedeutung dieser Lach- und Heul-Symbole nicht mehr verstehe und hier wollen sie, dass man mit diesen Emoticons die Sauberkeit ihres WC ‚liked!‘
Mir steht der Sinn aber zuerst einmal nach einem Kaffee, obwohl wir im Flugzeug zum Frühstück bereits mit Rösti versorgt worden sind. In einem Café, das über und über mit Orchideen bekränzt ist, lauern sie auf Gäste und wir bestellen uns eine Portion Tee und einen Cake in a Jar. Ein Jar ist, wie wir lernen, ein Einmach- oder Konfiglas und mein Cake darin ist von einer Rose geküsst. So wie ich ‚fragrant layered cake topped with rose syrup infused buttercream‘ verstehe, ist dies ein Cake, der entweder selber oder seine Buttercrème mit Rosensirup getränkt ist. Er schmeckt mir jedenfalls vorzüglich mit seinem lieblichen Rosenaroma und vielleicht versuche ich auch einmal, einen Muffin in einem Glas zu backen.
Das erste, was wir nun machen, ist uns eine 3-Tages-Karte für den öffentlichen Verkehr zu besorgen. So können wir die U-Bahn, Bus und Zug unbegrenzt benützen und fahren zuerst nach Chinatown, wo wir unser Hotel reserviert haben. Natürlich können wir noch nicht einchecken, aber sie nehmen immerhin den Rucksack mit dem Compi drin zur Aufbewahrung an, bis wir einen ersten Inspektions-Rundgang durch die nähere Umgebung gemacht haben. Es ist erstaunlich, wie hier alles bereits auf Weihnachten getrimmt und dekoriert ist. Überall riesige, bekränzte und glitzernde Weihnachtsbäume in der heissen Sonne! Man hat das Gefühl, dass seit dem letzten Mal noch viel mehr modernste Wolkenkratzer zum Stadtbild gekommen sind und anderes bereits verdrängt haben, wo wir uns letztes Mal noch ausgekannt haben. Ein Einkaufszenter, das uns da noch riesig vorkam, finden wir fast leer und verlassen. Die meisten Läden haben ihre Rollos geschlossen und Verputz blättert von den oberen Etagen in einen Innenhof, wo ein Foodcourt war. Sicher ist hier bereits auch wieder Neueres und noch Grösseres geplant.
Auf dem Stadtplan habe ich in der Nähe einen zu Fuss erreichbaren kleinen Park gesehen und finden wirklich im wahnwitzigen Stadtgetümmel und Wolkenkratzer-Meer eine ruhige, grüne Oase, einen Leuchtturm neben einem maritimen Museum und neben vielen ehrwürdigen Bäumen auch einen uralten Regenbaum, wie er auf einem Schild bezeichnet wird. Erst nachdem wir von ihm, zusammen mit mir als Grössenvergleich, ein Foto gemacht haben, entdecke ich, dass er ja blüht und dass es ein Seidenholzbaum oder Silkwoodtree sein muss, wie wir auf unserer letzten Neuseelandreise-Reise in Motueka auf dem Campingplatz gelernt haben.
Es ist inzwischen knapp Mittag geworden und mich überfällt eine bleierne Müdigkeit, so dass ich mich kaum mehr auf den Beinen halten kann. Wir kehren zurück und beziehen unser Zimmer im Furama City Centre Hotel, das wir das erste Mal bei unserer Hinreise kennengelernt haben. Entgegen allen guten Vorsätzen, bis am Abend durchzuhalten, wird der Jetlag Sieger und wir legen uns für etwa drei Stunden aufs Ohr.
Es hat gut getan und gegen fünf Uhr sind wir wieder hellwach. So gibt es heute doch noch einen ersten Erkundungsspaziergang durch die neue Anlage „Gardens by the Bay“, die wir das letzte Mal im Aufbau begriffen sahen und die zu sehen wir uns für dieses Mal aufs Programm gesetzt haben. Es werden dort allerlei Attraktionen wie Illumination und anderes geboten und geschlossen wird erst nach Mitternacht.
Mit unseren Tageskarten kommen wir schnell und direkt an die Marina Bay, wo all diese Singapur-Attraktionen in den letzten zehn Jahren aus dem Boden, respektive aus dem Meer gestampft worden sind. Zum Teil mit Sand aufgeschüttet und dem Meer entrissen, wie die künstlichen Inseln von Sentosa, das Riesenrad Singapore Flyer, das Marina Bay Sands, das aus drei schlanken Hochhaustürmen bestehenden Gebäude, worauf zuoberst als Abschluss ein Gebilde thront, das wie ein riesiges Schiff aussieht und die drei Türme zusammenhält. Gardens by the Bay ist eine weitläufige Anlage, wie eine gigantische Gartenausstellung und soll Naherholungsgebiet für die in den Wolkenkratzerschluchten wohnenden Singapurer sein.
Ausser zwei gigantischen Glasgewäschshäusern überragen eine Anzahl mit Pflanzen bewachsene Stahlgerüste als „Supertrees“ alle anderen Bäume auf der Insel. Sie sollen der Aufzucht von seltenen Pflanzen dienen, mittels Photovoltaik Elektrizität für Beleuchtung und Kühlsysteme liefern und einer soll gar selber als Kühlturm für die Klimasysteme in den Glashäusern dienen. Am Abend gibt es Spektakel, da gibt es die grosse Illumination. Wir schaffen es aber nicht, auszuharren, bis es ganz dunkel ist. Wir flanieren durch den Gold- und Silbergarten, suchen einen guten Blickwinkel, um die Libellen im Dragonfly-See zu fotografieren und müssen zusehen, dass wir auf der Dragonfly-Bridge nicht auf hunderten von Selfies mit drauf kommen, die mit fischrutenlangen Selfiestangen aufgenommen werden. Die Blumenuhr zeigt zwar noch nicht Bettzeit an, aber für uns ist es heute genug.
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